Der Juni gilt mittlerweile als »Pride Month« – weil die berühmten Stonewall-Unruhen am 28. Juni 1969 begannen. Dementsprechend gibt es in diesem Monat auch viel Geschichtliches und Geschichten aus der queeren Lesewelt. Meine Damen, meine Herren – die queere Presseschau für den Juni 2018.
Aus dem deutschsprachigen Raum
Édouard Louis: Der junge französische Autor wird Gastprofessor am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin. Am 2. Juli 2018 soll er seine Antrittsvorlesung halten und dann ein Seminar zum Thema »History of literature, history of violence« leiten. Édouard Louis veröffentlichte 2014 seinen Debütroman »En finir avec Eddy Bellegueule« (dt.: »Das Ende von Eddy«, 2015). 2016 folgte sein zweiter Roman »Histoire de la violence« (dt.: »Im Herzen der Gewalt«, 2016).
Dieser Roman wurde von Thomas Ostermeier für die Bühne adaptiert und feierte am 3. Juni 2018 an der Berliner Schaubühne seine Premiere. Über die Aufführung berichten u.a. die Zeit, die Welt, die Süddeutsche (Abo), der Freitag (I) (II: Kulturblog), die Berliner Morgenpost und der Tagesspiegel. Beim Tagesspiegel findet sich zudem ein ausführliches Interview mit Thomas Ostermeier und Édouard Louis.
Garrard Conley (I): Ende Februar 2018 erschien im Secession-Verlag die deutsche Übersetzung des autobiographischen Romans »Boy Erased« des US-amerikanischen Schriftstellers Garrard Conley. Darin schildert er seine Erfahrungen mit der sogenannten «Konversionstherapie«, die vor allem in fundamentalistischen, christlichen Kreisen verbreitet ist. Schwule Männer sollen von ihrer Homosexualität »geheilt« werden. Die sogenannten »Homo-Heiler«, die leider auch hierzulande ihr Unwesen treiben, stürzen ihre »Patienten« in tiefe Lebenskrisen und manche sogar in den Selbstmord. In seiner Erzählung »Boy Erased« berichtet Conley davon, wie er als junger Mann von seiner strenggläubigen Familie unter Druck gesetzt wurde. Die Verfilmung des Romans soll im November 2018 bei uns in die Kinos kommen.
Kritiken zum Roman finden sich bei der Südwest Presse und in der Badischen Zeitung. Bei Deutschlandfunk Kultur gibt es ein Interview mit Garrard Conley.
Schwule Buchläden: Davon gibt es ja leider nicht mehr so viele. Die Wiener Buchhandlung Löwenherz feiert in diesen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen. Beim Standard blickt Andreas Brunner auf die Geschichte der Buchhandlung zurück. Und natürlich an dieser Stelle ein herzlichen Glückwunsch nach Wien zum 25-Jährigen!
Queere Aktivisten: In ihrem Buch »Queer Wars. Erfolge und Bedrohungen einer globalen Bewegung« analysieren Dennis Altman und Jonathan Symons auf die aktuellen Herausforderungen der queeren Bürgerrechtsbewegung. Johannes Stier hat das Buch für literaturkritik.de besprochen.
Aus dem englischsprachigen Raum
Edmund White: Gerade erst ist der US-amerikanische Schriftsteller Edmund White mit dem Lambda Trustee and Visionary Award ausgezeichnet worden. Nun ist sein neustes Buch erschienen: »The Unpunished Vice. A Life of Reading«, in dem White auf seine Lektüren zurückblickt. Erste Pressestimmen zum Buch finden sich beim Evening Standard und bei der Chicago Tribune (Proxy. Hier der Originallink, der aber aus der EU nicht abgerufen werden kann.)
Zum Erscheinen des Buches von Edmund White hat die New York Times neun Autoren gebeten, ihr persönliches Lieblingsbuch von White vorzustellen.
Schwule Stadtgeschichte: »Queer City. Gay London from the Romans to the Present Day« heißt das Buch des britischen Schriftstellers Peter Ackroyd. Darin zeichnet er die schwule Geschichte Londons nach. Kritiken dazu gibt es bei der New York Times, beim Guardian (I) und (II), beim Independent, und beim Evening Standard.
Lesestoff: Die Longlist für den Polari First Book Prize 2018 wurde veröffentlicht. Bei independent.ie gibt es einen Hintergrund zu diesem erstmals ausgeschriebenen Preis für LGBTQ-Literatur.
Queeres Leben in Nigeria: Chike Frankie Edozien wurde gerade für sein Buch »Lives of Great Men: Living and Loving as an African Gay Man« mit dem Lambda Literary Award in der Kategorie »Gay Memoir/Biography« ausgezeichnet. Bei okayafrica.com gibt es ein Interview mit dem nigerianisch-amerikanischen Journalisten.
James Baldwin: Der Juni, der mittlerweile auch als »Pride Month« gefeiert wird, bringt auch immer wieder Rückblicke auf die schwule Geschichte. So hat The Village Voice ein Interview mit dem US-amerikanischen Schriftsteller aus dem Jahre 1984 auf seiner Webseite veröffentlicht. »James Baldwin on Being Gay in America« heißt es – sehr lesenswert!
Garrard Conley (II): Auch im englischsprachigen Raum finden sich Texte zu Conleys autobiographischer Erzählung »Boy Erased«. Aaron Hickley hat für den Guardian ein Interview mit Garrard Conley geführt.
Soweit für den Moment. Ob Ihr die sommerliche Lesezeit im heimischen Garten oder auf dem Balkon verbringt, oder an einem lichtdurchfluteten Strand in einem fernen Land – ich wünsche Euch auf jeden Fall eine gute Lesezeit. Und vielleicht waren ja die eine oder andere Leseanregung dabei.
Wir lesen uns!